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Beschirmt, Beglückt, Begleitet


Beschirmt, beschützt, begleitet
Kunstausstellung am Wörthsee 2021 von
Dr. Gisela Forster
Im Kunsthaus am Wörthsee, Grünbichl 23, 82266 Schlagenhofen,
geöffnet am 25.3., 27.3., 6.4., 17.4., 25.4., jeweils nachmittags
Besuche sind nur nach vorheriger Anmeldung möglich!
Bitte Masken nicht vergessen!
Tel. Mobil: +49 (0)172 8535405 E-Mail: dr.gisela.forster@forestfactory.de

Gedanken zur Ausstellung

Die Kunstausstellung 2021 soll mit einem Bild der Realität beginnen:
Groß und grün die Erde, bewohnt von der kulturell am weitesten entwickelten Spezies: Mensch.
Das Grün fließt von den Bergen in die Täler, von den Wäldern in die Bäume, von den Höhen in die Tiefen.
Der Mensch dominiert das Grün, er steht über den Geschehnissen, er lenkt die Begebenheiten, er ordnet, er bewacht, er organisiert.
Der Mensch hat die Macht, das Können, die Intelligenz über das Geschehen auf der Welt.
Er hat die Macht über das Grün.

Doch: Dann zu Beginn des Jahres 2020 drehte sich das Machtgeschehen um: Die Erde übernahm die Hoheit und das Sagen und drängte den Menschen zurück. Der Mensch musste sich mit großem technischen Aufwand vor Erdlebendigkeiten schützen. Er verhüllte sich zum Eigenschutz und zum Freundschutz mit Masken, begab sich in Plastikanzüge, bedeckte seine Augen mit Schutzbrillen, überzog seine Hände mit Lagen steriler Hüllen und trat nur noch so der Natur entgegen. Unter den Masken und Plastikverschnürungen versuchte der Mensch Mensch zu bleiben. Ein Menschsein, das sich immer mehr zurückzog, im Rückzug zu zerfallen drohte, mit einem Gesicht, das nur durch das Umschnüren mit den Masken gehalten werden konnte.

Der Mensch begann zu verstehen: Mein Gesicht darf sich nicht mehr als mein Gesicht zeigen, es kann nur zusammengehalten werden und damit überleben, wenn ich es mit Gurten umschnüre, wenn ich seine Atmung hinter Filtern verberge und wenn ich mein Ich bis zur Nichtidentifizierbarkeit hinter künstlichen Attributen verberge. Die Maske hält mich. Ich als Mensch drohe angesichts dieser Macht, die sich über mich gestellt hat, die mich von alles Seiten angeht und umringt und die mich stündlich droht zu vernichten, zu zerfallen, zu zerrinnen, mein Äußeres und Inneres zu verlieren.

Das ist die Plastik am Eingang:
Der große einst so intakte grüne Erdball, der verhüllte und versteckte und nur durch Folien und Masken zusammgehaltene Mensch, die auslaufende Energie in die vier Himmelsrichtungen: Nord, Süd, Ost, West, nicht um dorthin Glück, sondern um Gefahr zu verbreiten.

Mensch ist nicht mehr Freund des anderen Menschen, sondern potentieller Ansteckungsfeind. Kreuze bleiben zurück, wenn Menschen und Strömungen sich anderen Menschen und Völkern nähern - und nicht Leben, sondern Sterben bringen.
Doch das ist nur das Eingangsbild.

Um die Ecke der Hoffnungsschimmer:

In dieser momentan zerrissenen und schmerzhaften Welt - zwischen grausamem Einzelschicksalen und belastender weltumspannenden Pandemie, zeigen Lichtblicke ein Miteinander auf. Diese Lichtblicke soll man fühlen und erkennen können, man kann sie unmittelbar erleben, wenn man sich in die Installation: Beschirmt, beschützt, begleitet hineinsetzt. Auf den 9 Plätzen im offenen Innenraum und den 12 Plätzen im weit offenen Aussenraum können Besucherinnen und Besucher Platz nehmen, unter dem weißen reinen Schirm von oben Geborgenheit empfinden, durch die Nachbarin oder den Nachbarn, die oder der nur einen kleine Plastikwand entfernt sitzt, Nähe erahnen, durch ein Gegenüber im Blickkontakt mit anderen ein Gefühl der Gemeinschaft erkennen.

Die weißen Schirme kennzeichnen die nicht beeinträchtigte Reinheit eines möglichen himmlischen Gewölbes, eines - was auch auf Erden geschieht - unveränderten Firmamentes - nur am Rande weist ein schwarzer Schirm auf die Gefahr und die Übelkeiten der Welt hin - aber er ist schwach gegenüber dem anderen Rand, dem mit dem rotem Schirm als Hinweis auf die bleibende Hoffnung auf Nähe, Zuneigung und Empathie.

Die Strahlen dieser roten Mitfühlstreifen breiten sich in Form von Bändern über die Grenzen hinweg aus - hin zu den Menschen, hin zu der oder dem Einzelnen - deutlich und klar und unbeirrbar flattern sie unbekümmert den Menschen entgegen, suchen sich ihren Weg zu den in Distanz sitzenden Menschen, werden vom Wind oder auch nur einem Lufthauch hinübergetragen zu der oder dem anderen, der oder die da sitzt.

Wieder um die Ecke der Blick von der Einzelrealität in die weltweite philosophische Realität der Gegenwart: Menschen in gewohnten Gruppen, Religionsgemeinschaften, politischen Vereinigungen beieinander. Noch existierend, aber nicht mehr wirkend, nicht mehr lebendig, nicht mehr klar: Alle Zusammenkünfte finden nur noch hinter abgeschirmten Schleiern statt. Religionsgemeinschaften treffen sich in Verhüllungen, bayerische Gelage sind in Plastikkisten verpackt - einzig die digitale, die distanzierte, die Menschenliebe fremde Welt des Internets blüht auf. Blüht sie? Macht sie sich nicht eher vor, dass sie erblüht, dass sie gestärkt ist, dass sie die Kommunikation des gesamten menschlichen Feldes rings um den Globus übernimmt, ohne der oder dem anderen die Hand zu geben, ohne ihr oder ihm in einer sichtbaren Weise gegenüberzutreten, nur vertechnikt, nur distanziert, nur durch Knöpfe und Schalter bestimmt?

Die Macht der digitalen Welt ist die neue Weltmacht, so scheint es. Sie braucht kein Grün, sie braucht kein lebendiges Leben, sie braucht keine Nahrung und kein Getränk, sie braucht nur Strom, Strom: Das neue Festessen der digitalen Gegenwart, und sie braucht Menschen, die bereit sind ohne Zärtlichkeiten, ohne Umarmung, ohne Streicheln, ohne Handgeben oder -halten und ohne inniges Beisammensein, das Leben zu absolvieren.

Geschichtsströme verschwinden, Religionsgemeinschaften verdecken sich, Historien werden kaschiert. Gäbe es nicht dieses Mitteilfeld: Beschirmt, beschützt, begleitet durch die erschreckenden Realitäten der Jahre 2020 und 2021, es wäre hoffnungslos. Es wäre ein Zerfall in Einzelschicksale: Jeder Mensch notwendigerweise alleine im Abstand zu dem nächsten Menschen. Jeder Mensch verhüllt in Plastik mit Masken wie Uniformen zur Unkenntlichkeit getrieben, jeder Mensch ein nicht vermeidbarer potentieller Feind des anderen Menschen, weil dieser andere Mensch ein ansteckender Mensch sein könnte, und damit eine direkte Gefahr für das eigene Leben, für andere Leben, für so viele Leben.

Es gibt die Möglichkeit, und das kann ein Kunstwerk aufzeichnen, diese Realität zu akzeptieren und trotzdem sie zu verstehen: Es gilt, sich zwar äußerlich an die Regeln zu halten, aber sich in der Seele und im jeweiligen Bewusstsein nicht dem aufgedrängten Schicksal der Jahre 2020 und 2021 zu unterwerfen, es darf nicht zum Nächsten gesagt werden: Du neben mir bist ein Feind, Du kannst mein Totmacher sein, wenn Du den Virus in Dir trägst und diesen zu mir rüberschickst oder versehentlich mir übergibst. Dann bin ich lebensbedrohlich krank - durch Dich! - dann sterbe ich vielleicht - wegen Dir! - dann werde ich behindert in meinem Denken, in meinen Organen, in meinen Bewegungen, in meinen seelischen und geistigen Möglichkeiten - alles wegen Dir! Du mein Feind neben mir! Vielmehr: Ich gehe an dieser Realität nicht zugrunde, ich unterwerfe mich nicht diesem Schicksalsschlag, der jeden Einzelnen treffen kann, ich mache mich auf den Weg, ich eile, ich bewege mich und falle in die weißen reinen Sessel der Kunst-Installation: Beschirmt, beschützt, begleitet, erhole mich unter den weißen Schirmen, sehe die Menschen um mich, die mich Anschauenden, die Heiteren, die mich Begleitenden, die mich Beschützenden - und fasse wieder Mut.

Stark, gestärkt, mit neuer Kraft kann ich mich meinen Gedanken und den Gedanken der Welt zuwenden, lasse die Installation um die Ecke hinter mir, unterwerfe mich nicht der unter der Pandemie bebenden Welt, gehe hindurch durch die Illusionen, die Visionen, die Religionen, die sich alle hinter Plastikfassaden verschanzt haben, um mich nicht zu berühren, um miteinander und mit mir nicht in Kontakt zu kommen, um Abstand zu haben-----einen lebensnotwendigen Abstand, ich negiere den Gedanken eines: Kein Miteinander, kein Beschirmtsein, kein Beschützt sein, kein Begleitet sein.

Ich zerfalle nicht unter der pandemisch leidende Welt, nicht unter dieser Angreiferschar der Viren, der Mutanten, der stachligen Körper, die sich über mich gestellt haben und die nichts lieber tun, als sich auf jeden und jede von uns zu setzen, in uns einzudringen, uns im Innersten zu besiedeln und wenn es ihnen gefällt, uns auch aufzufressen, bis wir keine Lunge, keine Niere, ein geschädigtes Herz und zerfressene Organe haben.

Ich gehe in die Sanftheit des beschirmt- beschützt - begleitet sein und versuche - mit Euch, meine Freundinnen und Freunde, mit Ihnen meine Mentoren und geistigen Leiterinnen und Leiter - und mit den Vielen, die Kunst und Kultur als Sprachrohr des Seins sehen, dieses weltweite Schicksal der Jahre 2020 und 2021 unter dem Beschirmtsein zu überleben.

Dr. Gisela Forster zur Kunstausstellung März - April 2021 am Wörthsee ***********


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